Spiegelau. Für den Bürgermeister einer Gemeinde ist es immer eine freudige Angelegenheit, wenn er Gelder an verschiedene gemeinnützige Organisationen verteilen kann. So war es auch vor kurzem, als in einer Feierstunde im TAZ in Spiegelau die Ausschüttung der Dr. Ludwig und Johanna Stockbauer-Stiftung stattfand.
Die Freude war Bürgermeister Karl-Heinz Roth bei seiner kurzen Begrüßung buchstäblich ins Gesicht geschrieben. Sein besonderer Gruß galt den Mitgliedern des Stiftungsrates: Alois Loibl, Thomas Robl, Elke Proßer-Greß, Karl Urmann, sowie der Vertreterin der evangelischen Kirche Gabriele Neumann-Beiler, deren Ehemann Hermann Beiler und dem Pfarrer von Oberkreuzberg Johann Pöppel.
Der Stiftungsrat hatte in diesem Jahr beschlossen, keine neuen Stiftungspreisträger zu ernennen und die bisherigen Preisträger als Ehrengäste einzuladen. Damit sollen die außergewöhnlichen Leistungen der Stiftungspreisträger für die Gemeinschaft gebührend gewürdigt werden, so Bürgermeister Roth und diesen Ehrengästen galt sein besonderer Gruß.
Ein weiteres Anliegen des Stiftungsrates war es, im Rahmen der Verteilung der Erträge auch die Menschen herauszustellen, denen es zu verdanken ist, dass sich alle über die Stiftungserträge freuen können.
Wer waren Dr. Ludwig und Johanna Stockbauer? - Was ist die Stockbauer-Stiftung? - Auf diese Fragen gab Hermann Beiler an diesem Abend in einer kleinen Präsentation über das Leben der Stifter eine Antwort.
Doch zuvor erfreute Christian Balboo, der Musiker des Abends, an seinem Keyboard die Anwesenden mit seinen Kompositionen.
Wenn Hermann Beiler über etwas berichtet, dann geht er der Sache auf den Grund und recherchiert und wir erfahren von ihm Sachen, die schon lange in Vergessenheit geraten waren: Ludwig Stockbauer wurde 1917 in einer Kleinstadt in Mecklenburg geboren; doch schon 1921 zieht die Familie, bedingt durch die Versetzung des Vaters als Reichsbahn-Lokomotivführer, nach Spiegelau. Die Versetzung in den Bayerischen Wald war der Wunsch des Vaters, da die Stockbauers aus Reuteck stammten.
Ludwig besucht die "Volkshauptschule" in Spiegelau und anschließend sechs Jahre lang das Humanistische Gymnasium in Passau, das er mit der Mittleren Reife abschließt.
1934/35 tritt er freiwillig dem Reicharbeitsdienst bei und meldet sich 1935 zur Luftwaffe. Bereits zwei Jahre später erwirbt er als Unteroffizier den Flugzeugführerschein und ist im II. Weltkrieg im Fronteinsatz.
Ein entscheidender Tag im Leben von Ludwig Stockbauer ist der 26. August 1941 - ein Aufklärungsflug in der Gegend von Cardiff in England. Das Flugzeug wird vom Abwehrfeuer der Flak getroffen. Obwohl ein Motor ausfällt, gelingt es Stockbauer, die beschädigte Maschine nach Irland zu fliegen und auf einem Acker notzulanden (über diesen spektakulären Fall berichtete sogar 1941 eine irische Zeitung mit einem Foto des Flugzeugs.)
Warum Irland? Dieses Land ist neutral und man will der gefürchteten englischen Kriegsgefangenschaft entgehen. Stockbauer und seine Kameraden werden interniert, er freundet sich mit der Bevölkerung an und kann mit deren Unterstützung sogar 1944/45 in Dublin Zahnmedizin studieren. Den Kontakt zu Irland hält Stockbauer sein Leben lang. 1945 kommt Stockbauer endgültig wieder nach Spiegelau.
Nach seiner Rückkehr nach Deutschland besucht er in Passau einen Sonderlehrgang für Kriegsteilnehmer und erwirbt 1946 die Hochschulzugangsberechtigung. Anschließend studiert er in München Zahnmedizin, wobei im die Zeit in Dublin angerechnet wird. 1949 wird er zum Zahnarzt approbiert und erwirbt anschließend noch den Doktorgrad.
In seinem Elternhaus in Spiegelau an der Hauptstraße eröffnet Dr. Ludwig Stockbauer seine erste eigene Zahnarztpraxis und wohnt mit seiner Frau Johanna in der Wohnung über der Praxis.
Auch der Fliegerei bleibt Dr. Stockbauer treu und man sieht ihn zur damaligen Zeit oft über seine Heimat kreisen.
In den 60er Jahren gehen die Stockbauers weg von Spiegelau und Dr. Stockbauer übernimmt in München die Zahnarztpraxis seines Onkels. Durch Fleiß, Sparsamkeit und einige Erbschaften erwerben sich die Stockbauers ein Vermögen, von dessen Verwaltung sie leben können.
1987 gibt es erste Gespräche in Hinblick auf eine Stiftung für Spiegelau und anfangs 2000 ist die Sache perfekt. Aus den Erträgen des Stiftungsvermögens sollen Jugend- und Altenhilfe, das öffentliche Gesundheits- und Wohlfahrtswesen, der Sport und die Heimatpflege gefördert werden. Dafür soll die Gemeinde das Andenken an die Stifter hoch halten. Der Platz vor dem TAZ ist bereits nach Dr. Ludwig und Johanna Stockbauer benannt.
Im Anschluss an diese ausführliche Laudatio folgte die Verteilung der Stiftungserträge durch Bürgermeister Karl-Heinz Roth und den Stiftungsrat. Anerkennend hob Bürgermeister Roth noch hervor, dass sämtliche Stiftungsräte auf die Auszahlung einer Aufwandsentschädigung verzichtet haben und sich unentgeltlich in den Dienst der Sache stellen, was in der heutigen Zeit nicht mehr so selbstverständlich ist. Auch Anita Süß, der "guten Seele der Stiftung", gebührt ein besonderer Dank für ihr außerordentliches Engagement.
"Bedingt durch die derzeitige Situation am Zinsmarkt sind die Rahmenbedingen für die Festgeldanlagen nicht gerade erfreulich, trotzdem können wir mit dem Ausschüttungsbetrag für 2014 zufrieden sein", so der Bürgermeister. Der Stiftungsertrag in Höhe von 41372,27 Euro wurde fast gänzlich auf folgende Bereiche verteilt: 10 Prozent an die drei Feuerwehren der Gemeinde Spiegelau, 30 Prozent zur Förderung des Sports, 30 Prozent an die Kindergärten, 30 Prozent zur Unterstützung unschuldig in Not geratener und zur Förderung der Kinder.
Aufgeteilt in 14 Gruppen empfingen die Vertreter der einzelnen Vereine und sozialen Einrichtungen aus der Hand des Bürgermeisters und des Stiftungsrates ihre Spenden-Schecks. Großer Beifall aus dem Publikum begleitete die Übergabe.
Bürgermeister Karl Heinz Roth beendete die Veranstaltung mit folgenden Worten: "Es war auch in diesem Jahr nicht einfach, eine gerechte Verteilung der Stiftungsgelder vorzunehmen. Ich denke aber, dass wir an dieser Stelle trotzdem dankbar sein sollten, dass es in unserer Gemeinde überhaupt eine Stiftung gibt, aus der jährlich Mittel für die Arbeit der verschiedenen Vereine und sozialen Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden können."
Bei einem kleinen Büfett stand man noch lange beisammen und es gab sicherlich viele gute Gespräche und auch neue Motivationen für die weitere gemeinnützige Arbeit.
Lesen Sie im Anhang den Original-Artikel der Passauer Neuen Presse, geschrieben von Christa und Willi Steger.